Netzwerken ist irgendwie ein Reizthema
Wie kommt es eigentlich, dass sehr viele Musiker:innen, mit denen ich über Netzwerken oder networking spreche, das Thema irgendwie ungemütlich finden. Denkst du jetzt auch: „Jaaa doch, mache ich zu wenig.“ „Weiß nicht, wie ich es am sinnvollsten anstellen soll.“ „Ich habe keinen Bock auf fakebook & Co.“ „Ich bin so schüchtern.“ „Kommt doch eh nix bei raus.“ …
Vielleicht deswegen?
- Du willst anderen nicht auf den Senkel gehen.
- Du willst nicht zur Sorte unangenehme/r und lästige/r Selbstdarsteller/in gehören.
- Du hast Angst vor Zurückweisung und Ablehnung.
- Du befürchtest, in peinliche Situationen zu geraten.
- Networking kommt dir gekünstelt und unauthentisch vor und du fühlst dich unwohl dabei.
- Es hat irgendwie moralisch einen schlechten Beigeschmack.
- Du findest, allein dein Können und deine Leistung sollten für deinen Erfolg relevant sein.
- Du hast einfach nicht genug Zeit dafür.
Kommen dir auch immer zuerst solche Gedanken in den Kopf, wenn du das Wort NETZWERKEN hörst oder liest?
Dann ist dieser Artikel für dich.
Er soll dir Mut machen.
Du kannst dich langsam an das Thema herantasten.
Es wird seinen Schrecken verlieren. Versprochen.
Netzwerken muss nicht peinlich sein. Und auch nicht nervenaufreibend.
Ja, du musst Zeit und Geduld aufbringen.
Aber es lohnt sich.
Und außerdem hast du schon jede Menge Erfahrung damit:
War es wirklich nur Zufall?
Denk doch mal zurück an die letzten Konzertprojekte, bei denen du Neuland betreten hast.
Wie sind sie zustande gekommen? Wer hat dich angefragt, wer war beteiligt? Wen hast du mit ins Boot geholt? Woher und wie lange kennst du diese Personen? Wie viel „Zufall“ war im Spiel?
Oder erinnere dich, wie du deine wichtigsten Mentor:innen und Lehrer:innen gefunden hast. Wen hast du nach Empfehlungen gefragt? Wer hat dir von seinen Erfahrungen berichtet?
Und warum hast du dich ausgerechnet an diese Personen gewandt?
Diese „Kleinigkeiten“ sind uns oft gar nicht bewusst. Wenn man aber genauer hinschaut, ergibt sich das Bild eines bunten Beziehungsgeflechts. Wie das Straßennetz auf einer Landkarte.
Dein persönliches Netzwerk.
Es wächst eigentlich fast automatisch, auch wenn du gar nicht viel dafür tust.
Netzwerken wurde uns quasi in die Wiege gelegt, denn wir Menschen sind Gemeinschaftswesen und streben – je nach Persönlichkeit etwas mehr oder weniger – nach Zugehörigkeit.
Uns mit anderen zu verbinden ist also eine ganz natürliche Sache und in unserem Alltag ganz selbstverständlich: Du fragst deine Freund:innen nach einem guten Zahnarzt in der Nähe, du empfiehlst deinen Kolleg:innen den Handwerker, mit dem zu zufrieden warst. Du gehst zum Tag der offenen Tür in der Schule deiner Kinder, damit du andere Eltern triffst und ein Gefühl für das Umfeld bekommst, in dem sie sich deine Süßen täglich aufhalten. Du gießt die Blumen bei deinen Nachbarn und eure Schlüssel habt ihr für den Notfall ausgetauscht.
So gesehen ist Netzwerken ziemlich einfach, oder?
Wenn du allerdings gezielt weiterkommen willst, deine Herzensprojekte umsetzen, deine Karriere voranbringen möchtest, kannst du mit einer planvollen Herangehensweise sehr viel erreichen.
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Worum genau geht es beim beruflichen Networking?
Dir ist total klar, dass Netzwerken dich dabei unterstützt, deine Ziele zu erreichen. Und hier oder da machst du auch schon dies oder das. Doch einen richtigen Plan oder gar eine Strategie hast du nicht?
Vielleicht führst du dir noch einmal vor Augen, was Netzwerken/Networking eigentlich ist:
Man versteht darunter den Aufbau und die Pflege von persönlichen und beruflichen Kontakten, die dem aktiven Austausch von Wissen, Erfahrungen und gegenseitiger Hilfe dienen. Durch das Prinzip der Freundesfreunde (Jeder Kontakt bringt wiederum seine Kontakte mit ein) erweitern Netzwerke sich kontinuierlich fast von selbst.
Netzwerken besteht im Wesentlichen aus zwei Säulen: Kommunikation & Gruppenbildung
Kommunikation: Lass uns drüber reden!
- Austausch von Knowhow, Insiderwissen, Rat und Tipps
- gegenseitige Empfehlung und Support
- Ideen entwickeln, diskutieren, verbreiten
- Feedback erhalten oder geben, von anderen lernen
Gruppenbildung: Gemeinsam sind wir stärker!
- Interessenvertretung / strategische Allianzen bilden
- relevante Informationen erhalten und austauschen
- Expert:innen treffen und/oder sich selbst als solche/n positionieren
- Kontaktbörsen
Netzwerken ist vielfältig
Es gibt sie wie Sand am Meer, und keines gleicht dem anderen. Netzwerke sind sehr unterschiedlich beschaffen und vielfältig. Je nach dem, welchen Zweck sie verfolgen sind sie face to face/virtuell, klein/groß, offen/geschlossen, homogen/heterogen, formell/informell, frei zugänglich/kostenpflichtig, regional/international …
TIPP: Apropos Zweck. Bevor du loslegst, musst du selbst wissen, wo du hinwillst, welches Ziel du hast und wofür du stehst. Ansonsten verbrennst du unnötig viel Zeit und Energie mit ziellosem Aktionismus ohne Ergebnisse zu erhalten.
Was hast du vom Netzwerken?
- Du bleibst nicht länger Einzelkämpfer:in.
- Du findest gleichgesinnte Menschen mit ähnlichen Interessen und Wertvorstellungen, die ähnliche Ziele verfolgen wie du selbst.
- Du findest Menschen, die vielleicht schon da sind, wo du gerne hin möchtest und profitierst von ihren Erfahrungen.
- Du kannst leichter Synergien und Win-Win-Effekte erzeugen, Kooperationen bilden und gemeinsam mit anderen wichtige Ziele erreichen.
- Du wirst inspiriert, motiviert und angefeuert.
- Du erhältst Hilfe, wenn du sie brauchst.
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Und jetzt??
An dieser Stelle kommen immer folgende Fragen:
- Wo und wie und wie viel soll ich denn jetzt Netzwerken?
- Kannst du mir konkrete Gelegenheiten und Orte nennen und was genau soll ich dann machen?
Antwort: Das kommt ganz darauf an, was du erreichen möchtest. Und wie viel Zeit, Energie und Gehirnschmalz du zu investieren bereit bist.
Netzwerken hat mehrere Ebenen
Ebene 1: die Basis für dein Netzwerk, deine persönlichen Kontakte,
Fangen wir doch ganz einfach bei dir an: Du bist der Mittelpunkt in deiner Welt. Und du bist schon Teil einer Gemeinschaft, die aus Menschen mit den unterschiedlichsten Kompetenzen, Erfahrungen und Verbindungen besteht, auf die du gegebenenfalls zugreifen kannst. Das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit.
Erstelle eine Liste oder eine Mindmap oder ein Bild nach folgendem Schema:
Vergegenwärtige dir die Menschen, die du als „engsten Kreis“ bezeichnen würdest. Dann gehe gedanklich immer weiter nach außen. Der erweiterte Freundeskreis, Studienfreund:innen, Bekannte, Kolleg:innen, Lehrer:innen, Mentor:innen usw. Vergiss auch die buckelige Verwandtschaft nicht. 😉
Schau in dein Adressbuch. Am besten nicht nur in das elektronische, sondern auch in deine alten analogen Büchlein aus echtem Papier (falls du sowas noch kennst.). Mit welchen Menschen hast du gelernt, gearbeitet, gelebt? Mit welchen von ihnen warst oder bist du befreundet?
Sind die Daten noch aktuell? Hast du mindestens eine E-Mail-Adresse? Und überhaupt: Sind deine persönlichen Kontakte an einem zentralen Ort erfasst? (Jedenfalls zum größten Teil?)
Hast du Kontakte gefunden, die du gern wieder aufleben lassen würdest? Menschen, mit denen du gern wieder zusammenarbeiten würdest? Wer von ihnen würde sich möglicherweise über eine Kontaktaufnahme von deiner Seite freuen?
Es geht dabei jetzt erst mal nur um die „Landkarte“. Du wirst sehen, dass da wahrscheinlich ein paar „Schätze“ aus der Versenkung auftauchen.
Ebene 2: Der erste Schritt nach draußen: deine „Freunde“ in den sozialen Medien
Sichte die Liste deiner Freunde und Follower in den sozialen Netzwerken, die du nutzt, und kategorisiere für dich die Personen nach dem Grund oder Kontext eurer Vernetzung.
So bekommst du einen Überblick mit wem du es zu tun hast, wenn du dort aktiv bist. Je nachdem, wie deine Zielsetzung ist, kannst du dann besser deine Inhalte auf die Follower abstimmen oder nach und nach die richtig guten „Freunde“ hereinholen. Möglicherweise gibt es auch ein gewisses Aufräumpotenzial …
Bei Facebook z. B. gibt es geschlossene Gruppen für alle möglichen Belange: Bist du Mitglied in solchen Gruppen, die für dich interessant sind? Z. B.: Musiker in deiner Stadt? Musiklehrer:innen? Maultrommler …
Bedenke: Wenn Mark Zuckerberg morgen facebook schließt oder dich aus irgendwelchen Gründen auch immer blockiert (das passiert übrigens öfter, als dir lieb sein kann), sind alle „deine“ Kontakte für immer futsch.
Dann kannst du ganz von vorne anfangen.
Außerdem kann es sein, dass deine Freunde irgendwann einfach weiterziehen zur nächsten angesagten Plattform.
Also, wenn du von für dich wichtigen Menschen keine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer hast, besorge sie dir unverzüglich, sofern das möglich ist.
Ebene 3: Dein Arbeitsumfeld bietet interessante Perspektiven
Bist du in beruflichen Netzwerken unterwegs? Wasndas?
Kennst du die verschiedenen Gremien oder Arbeitsgruppen an deinem Arbeitsplatz oder an der Hochschule? Asta, Studierendenparlament, Orchestervorstand, Personalrat, Lehrervertretung … Wenn du hier aktiv wirst, lernst du wichtige Entscheider:innen kennen, und kannst sogar selbst den ein oder anderen Hebel bewegen.
Informelle gute Kontakte zu Kolleg:innen aus angrenzenden Tätigkeitsbereichen in deiner Institution sind sehr oft Gold wert.
Ebene 4: Vereinsmeierei ist besser als ihr Ruf
Da draußen gibt es unzählige Stammtische, Vereine, Verbände, Interessengemeinschaften, Gewerkschaften. Recherchiere, ob es passende Zusammenschlüsse zu deinen Themen gibt. Und probiere aus, ob da was für dich in Frage kommt.
Ebene 5: Erweitere deinen Horizont
Informiere dich, welche Events, Panels, Festivals, Kurse, Weiterbildungen, Messen oder ähnliches für dich interessant sein könnten und besuche ein oder zwei im Jahr. Wenigstens. Vielleicht tust du dich mit Kolleg:innen zusammen, dann ist es etwas leichter.
(Hier beim Musikinformationszentrum MIZ kannst du schon sehr gut fündig werden, was die 4. und 5. Ebene betrifft.)
Und nun? Wie fange ich an?
Du hast jetzt einen Überblick über dein bereits bestehendes Netzwerk und Optionen, an welchen Stellen du es gemäß deiner Ziele noch ausbauen könntest. Vielleicht sind in deinem Kopf bereits neue Ideen entstanden? Oder du hast Lust bekommen, dich mit bestimmten Menschen wieder neu zu verbinden.
Fang ganz klein an. Mit den Dingen, die dir leicht fallen. Dann erweitere Stück für Stück deinen Radius und deine Komfortzone.
Pflege deine persönlichen Kontakte, indem du schreibst, telefonierst oder dich regelmäßig triffst. Besser in großen Abständen, als gar nicht.
Geh zu Konzerten/Veranstaltungen von Menschen deiner Community, so oft es dir möglich ist. Wenn es dich wirklich interessiert! Du wünschst dir das ja auch von anderen. Allein deine Anwesenheit macht schon einen Unterschied. Trau dich, andere Leute anzusprechen.
Denke an deine Kolleg:innen, wenn du ein Engagement oder einen Auftrag nicht annehmen kannst.
Schaffe Kollaborationen in deinem direkten Umfeld. Engagiere dich für gemeinsame Belange. Selbst, wenn es nur in deinem Sprengel ist.
Empfehle deine Kolleg:innen weiter. Verteile likes, schenke ihnen Reichweite (ohne im Gegenzug etwas dafür zu erwarten) Du wirst trotzdem belohnt werden.
Trau dich, geh raus. Tausche dich mit anderen aus. Wähle dafür den Rahmen, der zu dir passt.
Was macht nun GUTES Networking (das nicht nervig wird) aus?
Fingerspitzengefühl brauchst du nicht nur an deinem Instrument. Hier die wichtigsten Grundregeln, die du beherzigen solltest:
Geben kommt vor Nehmen
- Überlege zuerst wie du selbst anderen helfen kannst und welche wertvollen Erfahrungen/Stärken/Ressourcen du in dein Netzwerk einbringen kannst. (Muss keine große Sache sein).
- Teile dein Wissen und deine Kontakte.
- Erwarte keine unmittelbare Gegenleistung.
- Setze Zusammenarbeit vor Konkurrenzdenken.
- Sei positiv und konstruktiv.
Qualität geht über Quantität
- Umgebe dich mit Menschen, die du magst, die dich wirklich interessieren und die dir gut tun.
- Suche dir Wegefährt:innen, die deine Wertvorstellungen, Interessen und Ziele teilen und unterstützen.
- Überlege, ob du für deine persönlichen Ziele eher ein homogenes (z. B. nur Menschen aus der Musikbranche) oder heterogenes Netzwerk (z. B. ebenso Menschen aus anderen künstlerischen Metiers) brauchst.
- Wenn du neue Kontakte knüpfen willst, sei gut vorbereitet: Übe vorab, dich selbst oder dein Projekt kurz und knackig vorzustellen. Informiere dich so gut es geht über die Personen, die du dort treffen kannst.
Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit
- Wahre immer Vertraulichkeit und gehe achtsam mit Kontakten und Informationen um.
- Halte deine Versprechen.
- Erteile Ratschläge NUR dann, wenn du danach gefragt wirst.
Sei du selbst
- Sei dir klar darüber, wofür du stehst. Das hilft den Anderen zu verstehen, was du tust und was du brauchst.
- Verstelle dich nicht und zeige dich ruhig mit deine Stärken und Kompetenzen
- Achte darauf, dass du dich beim Networking wohlfühlst und dich nicht überforderst. Das macht es für dich und deine Netzwerkpartner:innen angenehmer.
Bleib am Ball
- Nimm dir Zeit und nimm es wichtig.
- Bleibe offen für neue Menschen und Ideen.
- Pflege deine Kontakte regelmäßig.
- Lass dich nicht von deinem Perfektionismus abhalten.
Netzwerken ist NICHT: Wildfremde Menschen aus der Kalten ansprechen und ihnen etwas unterjubeln wollen.
Netzwerken ist NICHT: Kontakte nur aus reinem Eigennutz zu knüpfen und andere Menschen danach zu bewerten, ob sie dir „was bringen“ könnten.
Das braucht kein Mensch.
Denke daran, dass es anderen ganz genauso geht wie dir. Auch sie möchten gern gut vernetzt sein. Einfach und ohne zu nerven.
FAZIT
Es gibt zwei gute Gründe, Menschen zu treffen: Entweder sie verändern dein Leben oder du veränderst ihres.
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